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The Program – Schmucklose Chronik eines egozentrischen Kotzbrockens

(Foto: Studiocanal)
Lance Armstrong (Ben Foster) gewinnt eine weitere Etappe der Tour de France. (Foto: Studiocanal)

Ein Typ, den viele Radsportanhänger längst aus ihrem Bewusstsein gestrichen haben dürften, taucht auf wie Phönix aus der Doping-Asche. Der renommierte britische Regisseur Stephen Frears („Gefährliche Liebschaften“, „Mein wunderbarer Waschsalon“, „High Fidelity“) widmet seinen neuen Film „The Program – Um jeden Preis“, der am 8. Oktober 2015 in die deutschen Kinos kommt, dem tief gefallenen, einstigen US-Sporthelden Lance Armstrong.

Den Vorwurf, aus der unrühmlichen Biographie des ehemaligen Superstars, dem letztlich alle seine Titel aufgrund der Verwendung verbotener Substanzen aberkannt wurden, ein Heldenepos gemacht zu haben, kann man dem Regisseur gewiss nicht machen. Ohne große Emotionen aufkommen zu lassen handelt Frears weitgehend chronologisch die Karrierestationen Armstrongs ab.

Journalist David Walsh (Chris O' Dowd) setzt alles daran, den Doping-Skandal öffentlich zu machen. (Foto: Studiocanal)

Journalist David Walsh (Chris O‘ Dowd) setzt alles daran, den Doping-Skandal öffentlich zu machen. (Foto: Studiocanal)

Los geht es mit der Hodenkrebserkrankung des Profisportlers, deren Überwindung ihn nicht etwa zu einer empathischeren oder feinfühligeren Person, sondern vielmehr zu einem skrupellosen Karrieremenschen macht, der für den eigenen Erfolg über Leichen geht. Schnell sucht Armstrong (Ben Foster) den Kontakt zu einem bekannten Dopingarzt und pumpt sich ungeniert mit leistungssteigernden Medikamenten voll, verlangt dieses Vorgehen aber auch schnell von den Fahrern seines Teams, die keine andere Aufgabe haben, als sich für den Erfolg Armstrongs aufzureiben. Journalisten wie der Sportreporter David Walsh (Chris O’Dowd), die Armstrongs von dessen Team gedeckte und unterstützte Machenschaften aufdecken wollen, werden von ihm und seiner treu ergebenen Entourage schnell und effektiv mundtot gemacht.

Frears arbeitet den Aufstieg und Fall Armstrongs in nüchternen Bildern ab, wobei die zweifellos aufwendig gefilmten Radrennszenen den Zuschauer seltsam kalt lassen. Möglicherweise liegt der Grund dafür, dass der Film über weite Strecken recht unspannend daherkommt, auch darin begründet, dass die Ereignisse noch nicht sehr weit zurückliegen und vielen die zahlreichen Fernsehberichte, Nachrichten, Talkshowdebatten und nicht zuletzt eine ausführliche Dokumentation mit Armstrong selbst in Erinnerung geblieben sind.

Floyd Landis (Jesse Plemons) und Lance Armstrong (Ben Foster) spritzen sich frisch. (Foto: Studiocanal)

Floyd Landis (Jesse Plemons) und Lance Armstrong (Ben Foster) spritzen sich frisch. (Foto: Studiocanal)

Von Beginn an wissen die meisten Zuschauer, wie es weitergeht und wie die Geschichte letztlich endet, und so ist die Motivation, der Handlung weiter zu folgen, entsprechend gering. Obwohl oder gerade weil Hauptdarsteller Ben Foster, der Armstrong wie aus dem Gesicht geschnitten ist, eine authentische schauspielerische Leistung abliefert – bisweilen könnte man meinen, den echten Lance Armstrong bei seinen illegalen Machenschaften zu beobachten -, stellt sich zumindest mir immer wieder die Frage, was die Macher dazu bewogen haben könnte, dieser zweifelhaften, wenig sympathischen Persönlichkeit ein, wenn auch noch so kritisches, Biopic zu widmen.

Ben Foster liefert eine authentische schauspielerische Leistung

Selbst die größten Schurken der Filmgeschichte zeichnen sich in aller Regel dadurch aus, dass sie auch die eine oder andere positive oder tragische Eigenschaft besitzen, die es dem Zuschauer ermöglicht, für den „bösen Jungen“ oder das „böse Mädchen“ Partei zu ergreifen. Lance Armstrong in „The Program“ ist dagegen meist ein einsilbig negativer Charakter.

Regisseur Stephen Frears (links) am Set mit Chris O'Dowd. (Foto: Studiocanal)

Regisseur Stephen Frears (links) am Set mit Chris O’Dowd. (Foto: Studiocanal)

Selbst als Armstrong einen im Sterben liegenden, krebskranken Jungen auf der Intensivstation besucht, bietet er diesem, nachdem er locker ins Krankenzimmer geschneit ist, zunächst ein Autogramm und Merchandising-Tand an, bevor allenfalls ein Hauch von echter Menschlichkeit aufblitzt. Letztendlich stellt sich die Frage, für welches Publikum Frears seinen Film, in dem übrigens auch Dustin Hoffmann in einer wenig fordernden Nebenrolle zu sehen ist, nun eigentlich inszeniert hat. Sportinteressierte kennen die ganze, überraschungsfrei erzählte Geschichte, die etwas Spannung allenfalls durch Armstrongs Konflikte mit Sportreporter Walsh sowie mit seinem zunächst treu ergebenen Teamkollegen Floyd Landis (Jesse Plemons) aufkommen lässt, der sich erst nach sehr langer Zeit entschließt, gegen das System Armstrong aufzumucken.

Auch Dustin Hoffman ist bei diesem Film ... anwesend. (Foto: Studiocanal)

Auch Dustin Hoffman ist bei diesem Film … anwesend. (Foto: Studiocanal)

Andere ärgern sich über den durch und durch unsympathischen Kerl, der ihnen da als Antiheld serviert wird. Durch seine zwar technisch versierte, aber schmucklose Machart wäre das Radsportdrama zudem – wenn es schon unbedingt gedreht werden musste – im Fernsehen besser aufgehoben gewesen als auf der großen Leinwand. Stephen Frears hat den Cinaeasten dieser Welt viele großartige Filme beschert – da ist es nicht dramatisch, wenn auch mal ein schwächerer wie „The Program – Um jeden Preis“ dabei ist.

Bewertung
2 von 5 Punkten

Kategorie: Angeguckt, Film & TV

von

In einer Ramsch-Kiste mit Taschenbüchern wurde ich, gerade mal 10 Jahre alt, fündig. Das – wie ich im Nachhinein feststellte – inkompetenteste Film-Nachschlagewerk dieser Erde, „Das Lexikon des Science-Fiction-Films“ von Roland M. Hahn, weckte mein Interesse für bewegte Bilder. Ich „zerlas“ es völlig (und auch seine nicht weniger missratenen Nachfolger über die Genres „Fantasy“ und „Horror“). Echtes Interesse für die Pop- und Rockmusik kam dagegen erst Jahre später – mit der ersten eigenen kleinen Hifi-Anlage und der CD „The Road to Hell“ von Chris Rea.

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