Viele Lüdenscheider wissen nicht, dass die Bergstadt in den 80er Jahren eine Hochburg der Hip-Hop-Kultur war.
Hip-Hop ist beileibe nicht nur das, was heute in musikalischer
Hinsicht unter dieser Bezeichnung zu hören ist, es handelt sich
dabei vielmehr um eine umfassende Subkultur, die die Musik vom
Plattenteller, den Rap, den Breakdance sowie die Graffiti-Kunst
beinhaltet.
Mehr als 30 Jahre, nachdem der echte Hip Hop durch dessen
Kommerzialisierung, eingeleitet durch die Band Die Fantastischen
Vier, Deutschlandweit und eben auch in Lüdenscheid ihrem Ende
entgegen gegangen war, ging das Kulturhaus und seine Leiterin Rebecca
Egeling auf Spurensuche nach der städtischen Subkultur, um diese
sichtbar zu machen und im besten Falle wieder aufleben zu lassen. Mit
Hilfe unterschiedlicher Workshops in den Bereichen Rap, Breakdance
und Graffiti wurde mit Hilfe mehrerer Workshop-Leiter eine
Inszenierung für die Bühne geschaffen, die am Donnerstag, 29.
November 2018 im Rahmen eines Hip-Hop-Festivals im Bühnensaal des
Kulturhauses zu sehen war. Als Workshop-Leiter fungierten Yves Thomé
(Graffiti), Lino Masella (Breakdance) sowie der Rapper und
Singer-Songwriter R.U.F.F.K.I.D.D (Rap). Die Arbeit der Kinder und
Jugendlichen gipfelte in der Hip-Hop-Inszenierung „Spieglein,
Spieglein an der Wand, wer ist der beste Tänzer im ganzen
Sauerland?“, die sich am Märchen „Schneewittchen und die sieben
Zwerge“ orientierte, dieses jedoch in den Kontext der Lüdenscheider
Hip-Hop-Szene setzte.
Die insgesamt 16 teilnehmenden Kids erzählten die Geschichte des Tänzers Snow White sowie Miss Queen, seiner eifersüchtigen Schwester, die ihn von zuhause und aus seiner Crew
verstößt. Die fantasievolle Aufführung, die vom Publikum mit viel Applaus bedacht wurde, stellte jedoch nur eine von vielen Formen an diesem Abend dar, sich dem Phänomen Hip Hop zu nähern. Im Rahmen der Breakdance-Performance „Expedition Hip-Hop – My Identity?“ der frisch gegründeten Tanzformation „Junges Pottporus“ gingen
sieben Jugendliche aus dem Ruhrgebiet zwischen 12 und 18 Jahren mit
energiegeladenen Tanzsequenzen, aber auch in Form von
dazwischengeschalteten Interviews der Frage nach, was Hip Hop im
einzelnen für sie bedeutet. „Alle tanzen dieselben Moves, aber
jeder macht das anders“, lautete zum Beispiel ein Kommentar. Vielen
gefiel vor allem das Gefühl von Freiheit, die die Subkultur und
insbesondere der Breakdance in der Lage ist, auszulösen.
Für denjenigen, der nicht so viel Wissen über den Hip Hop mitbrachte, hatte die Performance auch einige Antworten zu bieten, zum Beispiel, dass Grandmaster Flash, ein Hip-Hop-DJ der ersten Stunde, das Scratchen mit Schallplatten erfunden hat. Noch mehr Wissen über die
Hip-Hop-Kultur, speziell in Lüdenscheid, vermittelte schließlich
der in Iserlohn geborene Autor, Musiker und Hip-Hop-Fachmann Hannes
Loh, der Gründungsmitglied der in den 90er Jahren bedeutenden
Lüdenscheider Hip-Hop-Formation Anarchist Academy war. Darüber
hinaus ist er Autor des Standardwerkes „35 Jahre Hip Hop in
Deutschland“. Als jugendlicher Fan der aus Amerika stammenden
Hip-Hop-Kultur habe er in Iserlohn keine derartige Szene vorgefunden,
und es habe lange gedauert, bis er herausgefunden habe, dass es in
der Nachbarstadt Lüdenscheid eine sehr bedeutende Szene dieser Art
gab. „Die Jugendzentren waren die Wiege des Hip-Hop in
Deutschland“, erklärte Hannes Loh. Auch in Lüdenscheid, wo sich
die Szene im Jugendzentrum Schillerbad, dem heutigen Brauhaus, traf,
war das nicht anders. Loh erinnerte an die Szene, unter anderem an
den Graffiti-Künstler Trickz, der in Wirklichkeit Thomas hieß und
bereits im Alter von 24 Jahren starb.
„Seine Tags waren überall in der Stadt zu finden“, erinnerte sich Hannes Loh. „Trickz war eine wichtige Figur der Old-School-Szene in Lüdenscheid, und es sollte an ihn einmal als wichtige Persönlichkeit der Stadt ganz offiziell erinnert werden.“ Generell appellierte er an die jungen Hip Hopper, die mit ihren tollen Aufführungen an diesem Abend geglänzt hatten, sich an jene zu erinnern, die die Szene in den 80er Jahren nicht nur in Lüdenscheid groß gemacht haben. „Ihr seid alle irgendwie mit denen verwandt“, schloss der Musiker und Autor seinen Vortrag. Abschließend konnte jeder Hip Hopper noch einmal auf der Bühne
zeigen, was er kann, denn natürlich war nach dem Programm noch Zeit
für einen Hip-Hop-Jam sowie den einen oder anderen Battle.
Kulturhausleiterin und Intendantin Rebecca Egeling möchte einen
Beitrag dazu leisten, wieder regelmäßige Veranstaltungen dieser Art
in der Stadt zu etablieren, die Hip-Hop-Szene wiederzubeleben. Das
gelungene Hip-Hop-Festival im Kulturhaus ist sicherlich ein
vielversprechender erster Schritt.
Super Artikel. Tatsache, ich höre hier auch zum ersten mal das Lüdenscheid in den 80er Jahren eine Hochburg der Hip-Hop-Kultur war, sehr interessant 😀
Naja, auf jedenfall war das Hiphop Festival sehr gelungen.
Beste Grüße